Kein Knick in der Karriereleiter

Was wäre, wenn das wahre Leben erst nach der Mission beginnen würde?

Ein Artikel von Mathilde de Robien – im französischen Original veröffentlicht am 10.10.21 in Aleteia

© Quentin Pouteau

Ob allein oder zu zweit, für viele Menschen ist die Mission eine grundlegende Erfahrung, ein Bezugspunkt, auf dem sie aufbauen können, um nach ihrer Rückkehr weiter zu dienen und Zeugnis zu geben.

Häufig hört man, dass ein humanitärer Einsatz nur ein Zwischenspiel im Leben darstellt. Aber dieser Ausdruck scheint nicht ganz zutreffend zu sein. Vielleicht sollte auch klargestellt werden, dass die Rückkehr von einer Mission nicht das Ende des Zwischenspiels bedeutet. Viele Freiwillige bezeugen, dass die Mission eine grundlegende Erfahrung für das Leben „danach“ ist. In Wirklichkeit ist sie nicht vorbei, wenn Sie aus dem Flugzeug steigen.
Für viele ist die Mission aufschlussreich. Sie macht verborgene Talente, eine stärkere Persönlichkeit, einen tieferen Glauben sichtbar. Sie gibt uns so viele Geschenke, die man nicht zurücklässt, sondern die man mit zurück nimmt. „Die Mission hat mich gelehrt, menschlicher und bescheidener zu werden“, sagt Colin Boyaval, der zwischen 2015 und 2018 drei Jahre in Sambia als Kindergartenleiter verbracht hat, gegenüber Aleteia. Er war damals 24 Jahre alt und hatte ein Studium der Geschichte und der internationalen Beziehungen absolviert. Heute arbeitet er für den Verein „Partage avec les enfants du monde – Teilen mit den Kindern der Welt“ und berichtet, wie sein Einsatz in Sambia seine Sicht auf andere Menschen und seine Beziehung zu ihnen verändert hat. Er hat vor allem Geduld gelernt. „Dort funktionieren die Dinge und Menschen nicht in demselben Tempo wie in Frankreich oder Europa. Ich habe gelernt, mir Zeit zu nehmen, zuzuhören, mich denen zuzuwenden, denen man normalerweise nicht zuhört, den Schwächsten, den Kindern, den Frauen, den alten Menschen.

Alleine oder zu zweit, eine grundlegende Erfahrung

Alleinstehend, zu zweit, mit Familie, als Seminarist… Die Mission verwandelt die Herzen derer, die sich durch den Dienst und die Begegnung prägen lassen. Alleinstehende Menschen erlangen eine unglaubliche Reife und Tiefe. „Sie haben nicht mehr das einfache und leichte Leben, das sie in Frankreich hätten haben können. Sie lernen, die Einsamkeit anders zu leben, sie werden dazu gebracht, über sich selbst hinauszuwachsen, um Beziehungen zu anderen aufzubauen“, sagt Marguerite Chevreul, Coach und Leiterin des Seminars “ Prendre un nouveau départ – Ein neuer Anfang“ für alle Fidesco-Volontäre, die von ihren Einssätzen zurückgekehrt sind.

 

© Quentin Pouteau

Die Mission ist auch für Paare von grundlegender Bedeutung. „Es ist eine außergewöhnliche Erfahrung für ein Paar“, unterstreicht Marguerite Chevreul, „und gleichzeitig ein Prüfstein für die Echtheit der Beziehung“. Ehepaare, die aus dem Einsatz zurückkehren, erzählen, dass es nicht immer einfach ist, unter schwierigen, manchmal extremen Bedingungen zueinander zu finden, wenn die Schwächen des Partners offenbar werden. Es ist auch nicht einfach, zusammenzuarbeiten. Aber man teilt auch die Freude darüber, dass man die Prüfungen gemeinsam gemeistert hat und nun durch diesen gemeinsamen Impuls des Dienens und der Großzügigkeit verbunden ist. Paaren mit Kindern, bietet die Mission einen wunderbaren Zugang zu anderen Menschen, zu einer anderen Kultur, ein Bewusstsein für die Probleme der Entwicklung in bestimmten Ländern und eine echte Anpassungsfähigkeit. Marguerite Chevreul stellt fest, dass Kinder, die in der Mission waren, sich oft zu ähnlichen Erfahrungen hingezogen fühlen. Heute trifft sie unter den Volontären auch die Kinder der ehemaligen Volontäre. Sie betont jedoch: „Man geht nicht zu Fidesco, um seinen Kindern ein tolles Erlebnis zu bieten. Du gehst nicht für dich selbst, du gehst, um dich zu geben“.
Für die Seminaristen ist die Mission eine Gelegenheit, eine andere Beziehung zu Gott und zum Glauben zu entdecken, die von der einheimischen Bevölkerung aufrechterhalten wird, und ihren Werdegang im Seminar zu bereichern. So ging Pierre Cussonnet am Ende seines ersten Ausbildungszyklus, im Alter von 25 Jahren, nach Madagaskar, um dort als Projektleiter in Tanjomoha, einem großen Heim der Lazaristen, zu arbeiten. „Ich wollte mir ein Jahr Auszeit vom Priesterseminar nehmen, um wirklich bei Gott zu sein und mich zu regenerieren, bevor ich den zweiten Zyklus des Priesterseminars beginne“, sagt er. Was hat sich seit der Mission in seinem Leben verändert? Seine Beziehung zur Freude: „Ich fühle mich wirklich dafür verantwortlich, überall um mich herum Freude zu verbreiten und durch die Freude, die ich mit allen teilen kann, ein Missionar zu sein, auch wenn es mich etwas kostet. Ich weigere mich mehr denn je, irgendetwas zu bedauern.

Die Mission hat ihren Platz in einer beruflichen Laufbahn

Es ist ein Irrglaube zu denken, dass eine Mission eine Bremse für die berufliche Laufbahn ist. Pierre Sader (42), geschäftsführender Partner bei Rothschild & Co, einem auf Fusions- und Übernahmeberatung spezialisierten Unternehmen, stellt ein positives Zeugnis aus. Sein zweijähriger Aufenthalt in Kigali, Ruanda, als Verwaltungs- und Finanzdirektor eines Zentrums für Straßenkinder hat seinen beruflichen Aufstieg in der Bank, in der er seit 20 Jahren arbeitet, in keiner Weise behindert. Seine Ausreise in die Mission war sehr einvernehmlich. „Es war Rothschild, der vorschlug, dass ich meinen Entschluss auszureisen, nicht revidieren sollte. Mein Arbeitgeber war der Ansicht, dass es an ihm lag, die Laufbahn und die Bedürfnisse seiner Banker zu managen“, erklärt er. Er ging also glücklich und kam auch glücklich zurück. „Ich habe mich nicht verirrt, ich habe mich zurechtgefunden und bin schnell wieder in meinem Beruf gelandet, den ich so sehr liebe.

Ein spiritueller Impuls

© Osanne Photographie

Bei einem Einsatz machen Freiwillige zwangsläufig die Erfahrung, verlassen zu werden. Eine Erfahrung, die sie fast natürlich dazu bringt, sich in die Hände Gottes zu begeben. Für einige ist dies eine Haltung, die sie bisher selten erlebt haben. Colin Boyaval erzählt, wie sein Glaube während seines Aufenthalts in Sambia gestärkt wurde. Die Missionare, die in der Gemeinschaft der Comboni-Patres vom Herzen Jesu leben, bleiben für ihn lebendige Beispiele für den „absolut gegebenen Glauben und das absolut gegebene Leben“, da sie fast alles hinter sich gelassen haben, um allen Völkern das Evangelium zu verkünden und mit den Ärmsten zu leben. „Ich habe auch das tägliche und brüderliche Gebet entdeckt, was eine große Gnade ist“, sagt Colin.

Nach der Mission geht die Mission weiter

„Für die Ehemaligen geht die Mission weiter, durch unser Zeugnis, aber auch durch unsere Dankbarkeit für das, was wir erlebt haben“, erzählt Colin. Ein Ansatz, den Pierre Sader teilt: „Die Mission hört nicht auf! Wenn wir zurückkehren, müssen wir uns die Frage stellen, wie wir die Mission fortsetzen können. Um diese Frage zu beantworten, macht der ehemalige Freiwillige zwei Vorschläge: Wie kann ich an meinem Arbeitsplatz missionarisch tätig sein? Und wann kann ich in meinem Zeitplan weiter dienen? Auch wenn dieser besonders engagierte Banker, verheiratet und Vater von vier Kindern, in Frankreich nicht die Radikalität seiner Mission in Ruanda gefunden hat, stellt er sich weiterhin in den Dienst der Gemeinschaft, indem er sich in seinem Unternehmen und in der Gemeinschaft Emmanuel, bei Fidesco und im „Maison de l’Amitié – Haus der Freundschaft“ einsetzt.

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